Evolution einer Rechenmaschine

Der Reiz der Adix besteht in der offen liegenden Mechanik. Dieses Merkmal hat aber weniger ästhetische als praktische Gründe: Der Löschvorgang ist recht kompliziert: Bei gedrückter Taste 1 wird das große Zahnrad entsperrt und gleichzeitig ein Anschlag ins Getriebe geschoben. Solange man Taste 1 gedrückt hält, kann man das rechte Zahnrad mit dem Zeigefinger im Uhrzeigersinn drehen, bis die Einer und Zehner auf 99 stehen. Dort rastet das Zählwerk ein und springt beim Loslassen der Taste 1 auf den nächsten Hunderter. Anschließend ist nun noch mit dem linken Rad die Hunderterstelle zu löschen. Die Hunderterscheibe ist fest mit dem linken Zahnrad, aber nur über eine Rutschkuppung mit dem Zählwerksgetriebe verbunden und muss anschließend mit dem  linken großen Zahnrad manuell auf 0 justiert werden.

Die ursprüngliche Adix (1903) besitzt eine massive Grundplatte. Sie wird in einem mit braunem genarbtem Kunstleder bezogenen Holzkästchen (15x8x2 cm) verkauft, der Firmenname ist in gotischer Schrift gehalten und trägt den Zusatz "Mannheim". Die Rechenmaschine besteht aus lediglich 122 Teilen und bei ihrer Produktion setzt man zum ersten Mal in einer Rechenmaschine Teile aus Aluminium ein. Kennzeichen dieser Ausgabe der Adix ist das asymmetrisch angeordnete Zählwerk.
In der zweiten Serie ist die Grundplatte durchbrochen, um das Gewicht zu reduzieren. Allerdings gibt es auch von dieser und vielleicht auch von späteren Serien Exemplare mit massiver Grundplatte.

Das linke Zahnrad ist in der Größe dem rechten angepasst worden, der Anzeigeblock dadurch in die Mitte gerückt. Die Antriebsfeder ist jetzt aus einem Stück gearbeitet und greift, wenn keine Taste gedrückt ist, etwa in 9-Uhr-Position ins rechte Zahnrad ein und blockiert es.

Von der dritten Ausgabe der Adix an sind die beiden großen Zahnräder und die Hülsen der Tastenachse aus Messing gefertigt. Ein großer Bügel führt jetzt  außen um die Mechanik herum Mit ihm kann man beim Löschen schnell ganze Zehner addieren. Die Einer werden also durch Eingabe der Ergänzungszahl, die Zehner über den Bügel und die Hunderter über das Löschrad gelöscht. Kein Wunder, dass diese Adix am seltensten zu sehen ist. Unter http://www.calculators.szrek.com/ ist ein Exemplar dieser Variante mit Alu-Zahnrädern und massiver Grundplatte zu sehen.

In der vierten Auflage wird der Löschvorgang weiter vereinfacht und der Bügel verschwindet wieder. Noch immer soll laut Anleitung die Einerstelle durch Ergänzung zur 10 gelöscht werden, während die Zehner- und Hunderterstelle durch Ziehen eines Hebels (rechts oben) gelöscht werden. Dieser Hebel bewegt einen zweiten Hebel, der die Räder für den Übertrag auskuppelt und durch Druck auf zwei Exzenter die Anzeigen für Zehner und Hunderter in die Nullstellung dreht. Da ein Hantieren an den Zahnrädern nun entfällt, konnte man diese Variante der Mechanik erstmals auch in ein geschlossenes Gehäuse verpacken. Dies bleibt jedoch der gleichzeitig produzierten Luxusausgabe "Diera" vorbehalten. Mit Rücksicht auf deutsche Kunden wurde bei einem Teil dieser Maschinen der Schriftzug "Adix Company" im Gehäusedeckel in "Adix Kompanie" geändert.

Im Bonner Museum Arithmeum ist eine ähnliche Maschine wie die Adix zu sehen: die Certa, die laut Angaben des Museumskataloges bereits ab 1904 angeboten wurde. Die Maschine unterscheidet sich von der Adix durch eine andere Löschvorrichtung. Das Hunderter-Löschrad fehlt, an seiner Stelle findet sich ein Hebel. Auch diese Maschine wird im offenen Gehäuse angeboten, wohl ein Hinweis darauf, dass das Löschen einen Eingriff in die Mechanik erforderte. Wie lange diese Variante hergestellt wurde, ist mir nicht bekannt. Bei Ernst Martin ist sie nicht erwähnt.

Um 1920 schließlich wird die Mechanik komplett überarbeitet und die Maschine in ein geschlossenes Bakelitgehäuse verpackt. Das rechte Zahnrad ist jetzt beweglich gelagert und kann aus dem Zahlenscheibengetriebe ausgekoppelt werden. Die drei Zahlenscheiben erhalten eine Rückstellvorrichtung über Exzenterscheiben. Die Löschung ist mit einem einzigen Hebelzug möglich und das linke Zahnrad ist überflüssig geworden.

Ernst Martin, der Verfasser der "Geschichtlichen Entwicklung der Rechenmaschine" stellt bereits 1925 fest: "Adix, Diera und Kuli werden längst nicht mehr hergestellt." Aber Totgesagte leben länger: Mit dem hier abgebildeten Innenleben wurde die Adix im Bakelitkästchen unter wechselnden Bezeichnungen (Adix, Reports, Amifo, Aderes ) bis in die fünfziger Jahre produziert.

Hergestellt wurde die Adix zum großen Teil in Handarbeit:

   

"Die abspannende Arbeit des Kopfaddierens ist bei Verwendung der Adix beseitigt!"


Für diese Fundsache bedanke ich mich bei Peter Muckermann

Rechenwerkzeug.de